Gesetz
zum Schutz von Embryonen
(Embryonenschutzgesetz – EschG)
In der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1990 – BGBl.
I S. 2747
Inhaltsübersicht
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1
Missbräuchliche Anwendung
von Fortpflanzungstechniken
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird
bestraft, wer
1. auf eine Frau eine fremde unbefruchtete Eizelle überträgt,
2. es unternimmt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich
zu befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen,
von der die Eizelle stammt,
3. es unternimmt, innerhalb eines Zyklus mehr als drei Embryonen
auf eine Frau zu übertragen,
4. es unternimmt, durch intratubaren Gametentransfer innerhalb
eines Zyklus mehr als drei Eizellen zu befruchten,
5. es unternimmt, mehr Eizellen einer Frau zu befruchten, als ihr
innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen,
6. einer Frau einen Embryo vor Abschluss seiner Einnistung in der
Gebärmutter entnimmt, um diesen auf eine andere Frau zu übertragen
oder ihn für einen nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck zu verwenden,
oder
7. es unternimmt, bei einer Frau, welche bereit ist, ihr Kind nach
der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen (Ersatzmutter), eine
künstliche Befruchtung durchzuführen oder auf sie einen menschlichen
Embryo zu übertragen.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
1. künstlich bewirkt, dass eine menschliche Samenzelle in eine
menschliche Eizelle eindringt, oder
2. eine menschliche Samenzelle in eine menschliche Eizelle künstlich
verbringt,
ohne eine Schwangerschaft der Frau herbeiführen zu wollen, von der
die Eizelle stammt.
(3) Nicht bestraft werden
1. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 6 die Frau, von der
die Eizelle oder der Embryo stammt, sowie die Frau, auf die die
Eizelle übertragen wird oder der Embryo übertragen werden soll,
und
2. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 7 die Ersatzmutter sowie die
Person, die das Kind auf Dauer bei sich aufnehmen will.
(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 2 ist der
Versuch strafbar.
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§ 2
Missbräuchliche Verwendung
menschlicher Embryonen
(1) Wer einen extrakorporal erzeugten oder einer Frau vor Abschluss
seiner Einnistung in der Gebärmutter entnommenen menschlichen Embryo
veräußert oder zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck abgibt,
erwirbt oder verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer zu einem anderen Zweck als der Herbeiführung
einer Schwangerschaft bewirkt, dass sich ein menschlicher Embryo extrakorporal
weiterentwickelt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
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§ 3
Verbotene Geschlechtswahl
Wer es unternimmt, eine menschliche Eizelle mit einer Samenzelle
künstlich zu befruchten, die nach dem in ihr enthaltenen Geschlechtschromosom
ausgewählt worden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder mit Geldstrafe bestraft. Dies gilt nicht, wenn die Auswahl der
Samenzelle durch einen Arzt dazu dient, das Kind vor der Erkrankung
an einer Muskeldystrophie vom Typ Duchenne oder einer ähnlich schwerwiegenden
geschlechtsgebundenen Erbkrankheit zu bewahren, und die dem Kind drohende
Erkrankung von der nach Landesrecht zuständigen Stelle als entsprechend
schwerwiegend anerkannt worden ist.
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§ 4
Eigenmächtige Befruchtung,
eigenmächtige Embryoübertragung
und künstliche Befruchtung nach
dem Tode
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird
bestraft, wer
1. es unternimmt, eine Eizelle künstlich zu befruchten, ohne dass
die Frau, deren Eizelle befruchtet wird, und der Mann, dessen Samenzelle
für die Befruchtung verwendet wird, eingewilligt haben,
2. es unternimmt, auf eine Frau ohne deren Einwilligung einen Embryo
zu übertragen, oder
3. wissentlich eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen
Tode künstlich befruchtet.
(2) Nicht bestraft wird im Fall des Absatzes 1 Nr. 3 die Frau, bei
der die künstliche Befruchtung vorgenommen wird.
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§ 5
Künstliche Veränderung
menschlicher Keimbahnzellen
(1) Wer die Erbinformation einer menschlichen Keimbahnzelle künstlich
verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine menschliche Keimzelle mit künstlich
veränderter Erbinformation zur Befruchtung verwendet.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Absatz 1 findet keine Anwendung auf
1. eine künstliche Veränderung der Erbinformation einer außerhalb
des Körpers befindlichen Keimzelle, wenn ausgeschlossen ist, dass
diese zur Befruchtung verwendet wird,
2. eine künstliche Veränderung der Erbinformation einer sonstigen
körpereigenen Keimbahnzelle, die einer toten Leibesfrucht, einem
Menschen oder einem Verstorbenen entnommen worden ist, wenn ausgeschlossen
ist, dass
a) diese auf einen Embryo, Foetus oder Menschen übertragen wird
oder
b) aus ihr eine Keimzelle entsteht,
sowie
3. Impfungen, strahlen-, chemotherapeutische oder andere Behandlungen,
mit denen eine Veränderung der Erbinformation von Keimbahnzellen
nicht beabsichtigt ist.
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§ 6
Klonen
(1) Wer künstlich bewirkt, dass ein menschlicher Embryo mit der gleichen
Erbinformation wie ein anderer Embryo, ein Foetus, ein Mensch oder
ein Verstorbener entsteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer einen in Absatz 1 bezeichneten Embryo
auf eine Frau überträgt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
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§ 7
Chimären- und Hybridbildung
(1) Wer es unternimmt,
1. Embryonen mit unterschiedlichen Erbinformationen unter Verwendung
mindestens eines menschlichen Embryos zu einem Zellverband zu vereinigen,
2. mit einem menschlichen Embryo eine Zelle zu verbinden, die eine
andere Erbinformation als die Zellen des Embryos enthält und sich
mit diesem weiter zu differenzieren vermag, oder
3. durch Befruchtung einer menschlichen Eizelle mit dem Samen eines
Tieres oder durch Befruchtung einer tierischen Eizelle mit dem Samen
eines Menschen einen differenzierungsfähigen Embryo zu erzeugen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt,
1. einen durch eine Handlung nach Absatz 1 entstandenen Embryo
auf
a) eine Frau oder
b) ein Tier
zu übertragen oder
2. einen menschlichen Embryo auf ein Tier zu übertragen.
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§ 8
Begriffsbestimmung
(1) Als Embryo im Sinne dieses Gesetzes gilt bereits die befruchtete,
entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung
an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich
bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu
teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag.
(2) In den ersten vierundzwanzig Stunden nach der Kernverschmelzung
gilt die befruchtete menschliche Eizelle als entwicklungsfähig, es
sei denn, dass schon vor Ablauf dieses Zeitraums festgestellt wird, dass
sich diese nicht über das Einzellstadium hinaus zu entwickeln
vermag.
(3) Keimbahnzellen im Sinne dieses Gesetzes sind die Zellen, die
in einer Zell-Linie von der befruchteten Eizelle bis zu den Ei- und
Samenzellen des aus ihr hervorgegangenen Menschen führen, ferner die
Eizelle vom Einbringen oder Eindringen der Samenzelle an bis zu der
mit der Kernverschmelzung abgeschlossenen Befruchtung.
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§ 9
Arztvorbehalt
Nur ein Arzt darf vornehmen:
1. die künstliche Befruchtung,
2. die Übertragung eines menschlichen Embryos auf eine Frau,
3. die Konservierung eines menschlichen Embryos sowie einer menschlichen
Eizelle, in die bereits eine menschliche Samenzelle eingedrungen
oder künstlich eingebracht worden ist.
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§ 10
Freiwillige Mitwirkung
Niemand ist verpflichtet, Maßnahmen der in § 9 bezeichneten Art vorzunehmen
oder an ihnen mitzuwirken.
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§ 11
Verstoß gegen den Arztvorbehalt
(1) Wer, ohne Arzt zu sein,
1. entgegen § 9 Nr. 1 eine künstliche Befruchtung vornimmt oder
2. entgegen § 9 Nr. 2 einen menschlichen Embryo auf eine Frau überträgt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Nicht bestraft werden im Fall des § 9 Nr. 1 die Frau, die eine
künstliche Insemination bei sich vornimmt, und der Mann, dessen Samen
zu einer künstlichen Insemination verwendet wird.
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§ 12
Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer, ohne Arzt zu sein, entgegen § 9
Nr. 3 einen menschlichen Embryo oder eine dort bezeichnete menschliche
Eizelle konserviert.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend
Deutsche Mark geahndet werden.
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§ 13
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1991 in Kraft.
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